Während der Quartalsberichterstattung ist es den US-Unternehmen untersagt, eigene Aktien zurückzukaufen. Diese sogenannte «Blackout»-Periode ist Anfang dieser Woche zu Ende gegangen. Das Handelsteam von Goldman Sachs vermeldet nun sehr hohe Aktivitäten, da 80 Prozent der im S&P 500 Index enthaltenen Unternehmen ihre Quartalszahlen publiziert haben und damit das Zeitfenster für Aktienrückkäufe wieder offen ist. Dies wird voraussichtlich bis zum 14. Juni dauern, bevor wegen der anstehenden Zahlen für das zweite Quartal die nächste «Blackout»-Periode beginnt.

Aktienrückkäufe sind das Rückgrat der Aktienmärkte und sorgen für steigende Kurse. Diese verringern die Anzahl an Aktien, die sich im Umlauf befinden. Das kann den Aktienwert und den Gewinn je Aktie erhöhen. Ferner sind Aktienrückkäufe eine steuerlich effiziente Möglichkeit, Geld an die Aktionäre zurückzuzahlen.

Zehn S&P-500-Unternehmen, darunter Alphabet, Meta Platforms und Chevron, kauften im vierten Quartal 2023 eigene Aktien im Wert von 91 Milliarden US-Dollar zurück, wie aus kürzlich von S&P Dow Jones Indices veröffentlichten Daten hervorgeht. Das tönt zwar nach viel, ist es aber nicht, meint John Plassard, Anlagespezialist bei Mirabaud.

Apple ist dabei das Paradebeispiel. Am vergangenen Donnerstag kündigte der Technologiekonzern den grössten Aktienrückkauf aller Zeiten in den USA an. Der Vorstand hatte weitere 110 Milliarden US-Dollar für den Kauf eigener Aktien genehmigt. Mit dieser Ankündigung übertraf der iPhone-Hersteller seinen eigenen Rekord für den grössten angekündigten Rückkauf in den USA.

Im Jahr 2018 genehmigte der Technologieriese Rückkäufe im Wert von 100 Milliarden US-Dollar, wie aus Daten des Marktforschungsunternehmens Birinyi Associates hervorgeht, die von Bloomberg gemeldet wurden. Die Gesamtrechnung kann sich dabei sehen lassen: Apple hat in den letzten zehn Jahren Aktien im Wert von 625 Milliarden US-Dollar zurückgekauft. Das ist mehr als die Marktkapitalisierung, welche 492 Unternehmen im S&P 500 auf die Waagschale bringen.

Enorme Feuerkraft bei den Technologiekonzernen

Die S&P-500-Unternehmen dürften in diesem Jahr eigene Aktien im Wert von 925 Milliarden US-Dollar zurückkaufen, was einem Plus von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht - verglichen mit der ursprünglichen Prognose von Goldman Sachs mit einer Steigerung von 4 Prozent. Die Rückkäufe dürften dann im Jahr 2025 um 16 Prozent steigen und erstmals die Billionenmarke mit 1,075 Billionen Dollar überschreiten. Angetrieben werden die Rückkäufe von den grossen Technologieunternehmen, meinen die Strategen von Goldman Sachs.

«Das Gewinnwachstum ist der wichtigste Treiber für Aktienrückkäufe auf Indexebene und erklärt etwa die Hälfte der Schwankungen von Jahr zu Jahr», sagten die Goldman Sachs-Strategen Cormac Conners und David Kostin. Die Strategen hatten kürzlich die Gewinnprognosen für 2024 und 2025 für den S&P 500 Index angehoben, «aufgrund des sich verbessernden Wirtschaftswachstumsumfelds und einer stärker als zuvor erwarteten Entwicklung bei den Megacap-Technologie-Titeln». Das Technologiewachstum werde durch «starke Verbraucherausgaben und eine erhöhte Nachfrage nach KI-bezogenen Produkten» vorangetrieben, fügten sie hinzu.

Im vergangenen März verteidigte Warren Buffett im Jahresbrief von Berkshire Hathaway Aktienrückkäufe und wandte sich damit gegen diejenigen, die sich gegen diese Praxis aussprechen. «Wenn Ihnen gesagt wird, dass alle Rückkäufe den Aktionären oder dem Land schaden oder den CEOs besonders zugute kommen, dann hören Sie entweder auf einen Wirtschaftsanalphabeten oder einen gewandten Demagogen.»

Die Medien griffen dieses Zitat auf, ohne sich die Zeit zu nehmen, zu lesen, was Buffett tatsächlich in seinem jährlichen Brief schrieb. «Die Rechnung ist nicht kompliziert: Wenn die Anzahl der Aktien sinkt, steigt das Interesse an unseren Unternehmen. Jedes bisschen hilft, wenn Rückkäufe zu wertsteigernden Preisen führen.»

Aktienrückkäufe haben Vor- und Nachteile, so Plessard von Mirabaud. Einige Analysten befürchten, dass sich eine Zunahme der Rückkäufe nachteilig auf die Forschung und Entwicklung eines Unternehmens auswirken könnte, während andere der Ansicht sind, dass Aktionäre «belohnt» werden, wenn ein Unternehmen eigene Aktien zurückkauft. In jedem Fall sind sich alle darüber einig, dass sich diese Ankündigungen positiv auf den Aktienkurs eines Unternehmens und ganz allgemein auf einen Index auswirken.

Thomas Daniel Marti
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