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Obwohl ich noch nicht die Ehre hatte, Jan Jenisch persönlich kennenzulernen, halte ich viel vom Noch-Holcim-Chef. Das habe ich schon, als er noch beim Bauchemiehersteller Sika auf dem Chefsessel sass. Mir war deshalb noch vor seinem Amtsantritt im September 2017 klar, dass Jenisch – nach ähnlichem Strickmuster - auch Holcim auf Wachstum trimmen würde. Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Sein Nachfolger Miljan Gutovic tritt in grosse Fussstapfen.

Zugegeben: Der Börsenschwäche von letzter Woche konnten sich auch die Aktien des Weltmarktführers aus Zug nicht vollends entziehen. Mit einem satten Plus von 18 Prozent seit Januar sind sie allerdings noch immer weit oben auf der diesjährigen SMI-Gewinnerliste zu finden. Geht man auf Anfang 2023 zurück, führt das Vorzeigeunternehmen die Liste mit einem Plus von fast 63 Prozent sogar an – die Dividendenabgänge noch nicht einmal aufgerechnet.

Doch selbst das hält die amerikanische Citigroup nicht davon ab, ihrer Kaufempfehlung Nachdruck zu verleihen. In einem mir aus Genf zugespielten Kommentar erhöht der Autor Ephrem Ravi sein Kursziel auf 95 (zuvor 86) Franken und setzt die Valoren im Hinblick auf die Quartalsergebnisveröffentlichung vom kommenden Donnerstag auf die "30-Days-Catalyst-Watch-List".

Der Aktienkurs von Holcim ist in den letzten Jahren kräftig gestiegen (Quelle: www.cash.ch)

Der Analyst räumt zwar ein, dass es sich bei den ersten drei Monaten saisonal bedingt um eine eher umsatzarme Zeit des Jahres für Holcim handelt. Alleine schon der tiefen Vergleichsbasis des amerikanischen Dachgeschäfts aus dem vergangenen Jahr wegen sieht er Raum für positive Überraschungen. Ausserdem erhofft er sich wegweisende Anhaltspunkte im Zusammenhang mit der geplanten Abspaltung des Nordamerikageschäfts.

Puncto Ergebnisentwicklung hat Holcim einen geradezu eindrucksvollen Leistungsausweis vorzuweisen. Dem Baumaterialhersteller ist es in den letzten Jahren stets gelungen, die Erwartungen der Analysten zu erfüllen, wenn nicht gar zu übertreffen. Kaum einem anderen Unternehmen ist das auch nur annähernd so gut gelungen. Die taktische Kaufempfehlung der Citigroup lässt nun aber erahnen, dass man sich in Börsenkreisen mittlerweile schon beinahe blind auf weitere positive Ergebnisüberraschungen verlässt.

Bleibt mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass Holcim nicht dem eigenen Erfolg der letzten Jahre zum Opfer fällt und über zu hohe Erwartungen stolpert...

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Man sei von den Manipulationsvorwürfen Hindenburg Researchs entlastet worden, liess Temenos letzte Woche gegenüber Medien verlauten – nur um gleich nachzulegen, dass der gefürchtete Leerverkäufer unrichtige und irreführende Behauptungen aufgestellt und angeblich Fakten verzerrt oder aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt habe.

Das sehen die Amerikaner allerdings anders und fühlen sich vom Ergebnis der externen Prüfung sogar in vielen Punkten bestätigt – etwa in Bezug auf die Rückdatierung von Verträgen, die Partnerschaft mit DXC oder auch auf die Finanzierung der eigenen Software durch ein nicht näher beziffertes Investment in Mbanq.

Ein Teil der Kursgewinne gingen den Aktien von Temenos bereits wieder verloren (Quelle: www.cash.ch)

Hindenburg Research geht sogar noch einen Schritt weiter und schreibt, dass der Prüfbericht zusätzliche Fragen in Bezug auf die Kundenzahlen aufwirft. Ganz nebenbei gibt es auch einen Tritt ans Schienbein von Petrus Advisers. Der Temenos-Grossaktionär fordert ja bekanntlich rechtliche Schritte gegen Hindenburg. Diese Forderung stehe nur deshalb im Raum, weil Petrus den Bericht nicht richtig gelesen habe, wie die Amerikaner meinen. Man warte geradezu darauf, die eigenen Unterlagen ins Spiel bringen zu können, sollte die ganze Sache vor Gericht landen.

Interessant erscheint mir insbesondere der Hinweis, wonach man in den Aktien von Temenos auch weiterhin "short" sei. Nach dem Kursdebakel von Mitte Februar wäre ich nämlich nicht überrascht gewesen, wenn Hindenburg die Wetten gegen die Genfer Bankensoftware-Schmiede bereits wieder mit einem satten Gewinn geschlossen hätte. Da die Amerikaner ihre Leerverkaufsposition nicht näher quantifizieren, halte ich es für durchaus denkbar, dass sie ihre Wetten gegen Temenos zumindest ausgedünnt haben.

Auch UBS-Analyst Justin Forsythe bleibt übrigens – ohne Partei ergreifen zu wollen – bei seiner Verkaufsempfehlung mit einem 12-Monats-Kursziel von 56 Franken. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Verkaufsempfehlung und das tiefe Kursziel auf fundamentalen Überlegungen fussen.

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